Artikel von 20.06.2024

Kaum zu glauben oder zum Verzweifeln?

Als Berater und langjähriger Gemeinderat fühle ich mich der "kommunalen Familie" zugehörig. Besonders als Bürger und Teil dieser Gesellschaft reibe ich mir zunehmend die Augen. Ich muss das Gefühl der Verzweiflung aktiv unterdrücken. Diese Verzweiflung fühle ich bereits an vielen Stellen, da ich die Entwicklungen in meinem Umfeld stetig wahrnehme.

Heute Vormittag hatte ich einen Bürgermeister der Region am Telefon. Er berichtete mir von neuen Auflagen. Diese drohen, den bürgerschaftlich unterstützten Ausbau der Windkraft zu stoppen, zumindest in unserer Raumschaft (Schwarzwald, hier Regierungsbezirk Freiburg).

Staunen Sie gerne mit mir darüber, welche immer neuen Ideen in manchen Köpfen von "(vermutlich) Umweltaktivisten in Behörden" entwickelt werden...

"Beim Bau von Windrädern entsteht Staub. Dieser Staub beeinträchtigt das Naturmoos an den Bäumen im Umfeld der Baustelle. Arbeiter müssen deshalb das Moos für 40.000 € von diesen Bäumen abtragen. Dieses soll dann an weiter entfernt stehenden Bäumen wieder angebracht werden."

Geht's noch? Warum?
Achtung: "Gesunder Menschenverstand"...

Es war in den letzten Monaten sehr nass. Deshalb konnte sich das Moos womöglich überhaupt erst bilden. Es konnte sich auch nach der Winterzeit halten. Was passiert, wenn das versetzte Moos auf eine Jahreszeit mit heißen Temperaturen trifft? Ohne Niederschläge?
Ernsthaft?

Ich habe den Eindruck, dass der Pragmatismus der Mitarbeitenden in vielen Behörden schwindet. Auch ihre Orientierung am Gemeinwohl nimmt ab.

Ich bin fassungslos über so viel Unsinn. Dieser Unsinn lässt die Menschen guten Willens zunehmend verzweifeln. Zwei augenscheinliche Folgen sind sichtbar. Die Zahl der Nichtwähler steigt. Viele Wählende werden extremen Parteien und Gruppierungen regelrecht in die Hände getrieben. Diese Parteien und Gruppierungen sind mit gesundem Menschenverstand ansich nicht wählbar.

Kann es sein, dass die zuletzt regelmäßig vielen zusätzlichen neuen Stellen in Behörden und Ministerien nur deshalb notwendig werden, weil Interessensgruppen ganz gezielt Lobbyarbeit machen und die Posten gleich mit eigenen Interessierten besetzen, was dem Gemeinwohl - in Gänze betrachtet - zum mehrfachen Nachteil wird? Kann es sein, dass der notwendige Klima- und Umweltschutz als Surfbrett von Fach-Fanatikern und Theoretikern in Behörden missbraucht wird?

Ich weiß es nicht. Es macht mich allerdings fassungslos. Die übergeordnete politische Ebene missbraucht die Kommunen. Sie benutzen sie für eigene ideologisch geprägte Klientelpolitik. Man spürt die Überforderung in den Kommunen schon lange. Sie zeigt sich an allen Ecken und Enden. Die Folgen habe ich bereits aufgezeigt. Siehe Blog-Beitrag vom 17.05.2024 "Kommunen unter Druck".

Wenn die Regierenden nicht die Reißleine ziehen, wer denn dann? Sie müssen angesichts der aktuellen, multiplen Krisen handeln. Im Zweifel treffen sie auch schmerzhafte Entscheidungen für die Bürgerschaft. Jetzt ist es wichtig zu priorisieren. Die Zeiten des "Wünsch Dir was!" sind vorbei. Einem Teil der Regierenden scheint das noch nicht klar zu sein. Staatliche Wohlfühlversprechungen ohne Gegenleistung gehören der Vergangenheit an.

 

Wollen wir wirklich politische Verhältnisse, wie sie sich nach den letzten Wahlen und vor den nächsten Wahlen in unserem Land abzeichnen? Wahlergebnisse, trotz des vielfach ausgeschütteten Füllhorns. Kluge Köpfe haben schon früher erkannt, dass man auf neue oder durch Fehler entstandene Herausforderungen nicht erfolgreich mit alten Konzepten reagieren kann. Warum erkennen dies die derzeit Regierenden nicht?
Was treibt Menschen an, ehemaligen Splitterparteien oder Gruppierungen mit Partikularinteressen vermehrt ihre Stimme zu geben? Ich glaube, es ist die blanke Verzweiflung. Zu viele Verantwortungsträger analysieren nur. Sie reden in Form von "müsste, sollte, könnte, wäre, würde". Aber sie tun nicht das Entscheidende. Was ist das Entscheidende? Gegen Fehlentwicklungen hilft vor allem eines: MACHEN, JETZT und zwar pragmatisch.

Ich appeliere an alle Menschen mit Gemeinwohlorientierung, lasst uns nicht verzweifeln! Stellen wir uns durch unser eigenes Engagement und Beispiel gemeinsam gegen diese für unser Land so nachhaltig negativen Entwicklungen.

Übrigens: Ich stehe zu meiner alten politischen Heimat, auch wenn nicht alle Protagonsiten immer Freude bereiten. Sie bitte auch.

Quelle Titelbild: Microsoft Designer (vermutlich KI-generiert)